Shincha: Erster Frühlingstee des Jahres
Ein besonderes Ereignis ist die von allen Grüntee-Geniessern sehnlichst und mit großer Spannung erwartete allererste Grünteeernte des Jahres: der sogenannte Shincha Tee (jap.: 新茶). „Shin“ bedeutet auf japanisch neu und „Cha“ heißt Tee. Das Eintreffen dieses Tees wird in Japan begeistert gefeiert und mit der höchsten Nachfrage und den höchsten Preisen belohnt. Er ist aufgrund des Nährstoffreichtums besonders gesund, schmackhaft und ideal für eine Frühsommerkur geeignet, in der kurzen Zeit, die er am Markt überhaupt verfügbar ist.
Übersicht zum Inhalt
- Unterschied von Shincha und Sencha 1. Pflückung
- Spezielle Inhaltsstoffe und gesundheitliche Wirkung
- Verschiedene Shincha-Arten und Besonderheiten
- Wann welchen Shincha kaufen?
- Tipps zum Shincha-Kaufen: Empfehlungen, Qualität und Preise
- Zubereitung
Unterschied zwischen Sencha 1. Ernte und Shincha
Die 1. Ernte von den jüngsten Knospen und Blättern des grünen Tees gilt allgemein gesundheitlich und geschmacklich im Vergleich zu den späteren Ernten – z.B. namens Nibancha (2. Ernte) und Sanbancha (3. Ernte) – als die Beste. Die 1. Ernte wird Ichibancha (jap.: 一番茶, engl.: first flush) genannt. Beim Shincha handelt es sich auch um einen solchen Ichibancha Tee, für ihn wird jedoch nur die allererste Pflückung verwendet. Im gesamten Prozeß muss der Teefarmer sehr behutsam und geplant vorgehen. Die vorbereitende Arbeit im Herbst und Winter, der Schutz vor dem Frost bis Ende April und das Beschneiden und Düngen der Pflanzen zielt insgesamt darauf ab, dass die Sträucher im Frühling möglichst stark und gleichzeitig treiben. Je nach Größe des Teefelds kann es sein, dass der Shincha nur an einem oder zwei Tagen bei Sonnenschein geerntet wird. Ein weiteres Differenzierungsmerkmal ist der etwas höhere Feuchtigkeitsgrad des Shinchas nach der Verarbeitung. Sencha wird über das ganze Jahr als Aracha (Rohtee) im Kühlhaus gelagert und bei Bedarf erst zum fertigen Sencha hergestellt. Beim Finish wird er so auf einen Feuchtigkeitsgrad von nur noch etwa 3-4% gebracht. Shincha hingegen wird direkt nach der Ernte komplett zu Ende produziert und mit einem Feuchtigskeitsgehalt von meist etwa 5% belassen. Von ihm wird nichts gelagert, nichts nachproduziert und wegen der etwas größeren Feuchtigkeit ist er weniger haltbar, aber auch eben deutlich frischer. Zudem wird die größte Menge an Grüntee, die zu uns in den Handel kommt, per Seefracht transportiert. Dieser Weg dauert natürlich einige Wochen länger, als dies beim wesentlich teureren Lufttransport der Fall ist. Hinzu kommt, dass nicht jeder Tee auf dem Seeweg gekühlt wird. Bei hohen Temperaturen am Äquator kann die Frische der Ware Schaden nehmen. Shincha wird hingegen in der Regel sofort nach der Ernte und Verarbeitung eingeflogen und ist in wenigen Tagen am Zielort. Der Tee wird so etwas teurer, bei ihm hat die Frische aber oberstes Gebot. Es ist also der allererste Frühlingstee Shincha, der unter besonderen Frische-Bedingungen und Qualitätsmerkmalen angebaut, geerntet und vermarktet wird.
Shincha gilt als beste Sencha-Qualität
Der Shincha gilt selbst unter den gehobenen Grüntees als Rarität und wird vom Geschmack her von allen Ernten als am delikatesten angesehen. Traditionell wird er vom Sencha (Shincha Sencha) gewonnen, mittlerweile findet man ihn aber auch (selten) vom Matcha und Gyokuro (Bewertung siehe weiter unten). Vom Shincha können nur begrenzte Mengen geerntet werden und die meisten Händler führen ihn in sehr limitierter Stückzahl nur bis etwa Juli im Sortiment. Der erste Verkauf startet in Japan meist Anfang/Mitte April. Es handelt sich dann um den ersten Tee aus den subtropischen südlichen Regionen Japans. Erst einige Wochen später wird dann auch Shincha in den nördlicheren und weniger milden Regionen, wie z.B. Shizuoka und Uji, geerntet. Der Grund für die besondere Qualität liegt in dem Umstand, dass seit der letzten Teeernte der Teeplantagen, also in der Regel vom Spätsommer/Herbst über den ganzen Winter bis zum Frühling, sich die Teepflanzen über diesen langen Zeitraum mit besonders vielen Nährstoffen anreichern können. Diese sammeln sich in den jungen Trieben (Knospen und junge Blätter). Für Senchas der ersten Ernte werden hingegen dann die weiteren Pflückungen verwendet. Diese Blätter besitzen weniger Zeit, Nährstoffe zu bilden. Zudem wird dem Shincha ein etwas größerer Feuchtigskeitsgrad und damit eine größere Frische gestattet. Entsprechend reichhaltiger ist dann auch die gesundheitliche Wirkung und der Geschmack des edlen Shincha-Tees.
Geschmack: extrem frisch, nuancenreich, kräftig, viel Umami und Süße
Guter Shincha zeichnet sich im Geschmack ähnlich wie der zeitlich ihm folgende Sencha des gleichen Teefelds aus. Nur schmeckt der Shincha deutlich frischer, vollmundiger und zeigt mehr Umami und eine schönere Süße. Dies ist vor allem auf den besonders hohen Gehalt an gesunden Aminosäuren zurückzuführen, vor allem das L-Theanin. Er schmeckt in dieser Hinsicht intensiver als ein guter Sencha und besonders delikat, nuancenreich und sehr erfrischend. Die Herstellung eines guten Shinchas ist die anspruchsvollste Aufgabe an einen Grüntee-Farmer.
Spezielle Inhaltsstoffe des Shincha
Die Teepflanze besitzt vom Zeitpunkt der letzten Ernte des Jahres bis zur ersten Ernte im Frühjahr besonders viel Zeit zur Ausbildung ihrer wertvollen Inhaltsstoffe. In dieser Zeit wächst sie aufgrund der niedrigeren Temperaturen auch entsprechend langsamer, als später im Jahr. Die späteren Pflückungen wachsen wesentlich schneller und verfügen über einen geringeren Nährstoffreichtum und eine andere Zusammensetzung. Für Shincha werden nur besonders zarte, junge und helle Blätter verwendet, die sich wiederum von etwas weiter entwickelten Blättern inhaltlich unterscheiden. Der Shincha verfügt im Vergleich zu den restlichen Senchas der ersten Ernte über einen deutlich höheren Gehalt wichtiger Nährstoffe und entfaltet damit die die höchste Qualität und Wirkung. Er besitzt besonders viele Vitamine, wichtige Aminosäuren (insbesondere L-Theanin) und ungesättigte Fettsäuren (insbesondere α-Linolensäure – „Blatt-Alkohol“) sowie den höchsten Gehalt an wertvollen Catechinen und liefert zugleich etwas weniger Koffein (das übrigens durch L-Theanin verträglicher wird). Besonders schön zeigt die dreijährige Untersuchung von Yoshida und Kiso den höheren Catechingehalt der allerersten Pflückung, wobei angemerkt sei, dass dies für die vier Hauptcatechine EGCG, EC, ECG und C gilt, beim EGC sich jedoch umgekehrt verhält.
Catechingehalt* in % d. Tr. Nach Erntezeitpunkt | |||||||
28.4. | 3.5. | 8.5. | 13.5. | 18.5. | 23.5. | 27.5. | |
Yabukita | 16,36% | 14,92% | 15,07% | 14,96% | 14,43% | 13,99% | 13,21% |
Quelle: 1., Table 4. * Gemessene Catechine: EGC, EGCG, EC, ECG, C Noch ausgeprägter verhält es sich bei den wertvollen Aminosäuren. In der Untersuchung von Tshushida et al. wurde gezeigt, wie extrem viel reicher die erste Pflückung gegenüber späteren Pflückungen ist.
Aminosäurengehalt in mg/g | ||||||||||
Ernte-Zeit- punkt | Aspara- gin- säure | Gluta- min- säure | Alanin | Serin | Aspa- ragin | Gluta- min | Thea- nin | Argi- nin | GABA | Ges. |
08. Mai | 197,8 | 164,3 | 48,4 | 82,4 | 31,1 | 113,6 | 1101,1 | 159,1 | 39,0 | 1936,8 |
09. Mai | 193,8 | 168,0 | 48,4 | 73,8 | 22,5 | 58,0 | 939,0 | 39,8 | 26,6 | 1569,9 |
02. Juli | 124,8 | 144,2 | 21,8 | 41,8 | 12,3 | 57,3 | 388,3 | 6,7 | 29,0 | 826,2 |
04. Juli | 105,8 | 147,0 | 21,3 | 56,1 | 7,4 | 15,7 | 190,8 | Spuren | 24,3 | 568,4 |
13. Aug | 103,0 | 153,6 | 24,5 | 24,8 | 3,1 | 32,7 | 430,0 | 9,4 | 35,4 | 816,5 |
Quelle: 2., S. 819. Es sei hervorgehoben, dass der Shincha nicht – wie teilweise behauptet – über weniger Catechine als andere Grünteesorten verfügt. Das Gegenteil ist der Fall, vor allem im Vergleich zu den sonst am meisten getrunkenen Senchas 1. Ernte. Nur Senchas späterer Ernten, besitzen bezogen auf bestimmte Catechine einen höheren Catechin-Gehalt, sind aber für den Körper allgemein recht wenig harmonisch und bitter im Geschmack. Diese sind eher für spezielle medizinische Zwecke empfehlenswert. Weiterführende Informationen finden sich in den Beiträgen Catechine und Aminosäuren im Tee.
Besondere Wirkung des Shincha
Sencha der ersten Ernte kann allgemein als der größte Gesundheitsallrounder unter den japanischen Grünteesorten bezeichnet werden und besitzt zahlreiche positive Wirkungen auf die Gesundheit (siehe dazu den Beitrag Sencha). Noch mehr gilt das aber für den Shincha. Er ist entsprechend der kurzen Ernte und des größeren Feuchtigkeitsgrades nur sehr begrenzte Zeit am Markt zu finden. Aufgrund seines ähnlichen aber noch intensiveren Gehalts an wertvollen Inhaltsstoffen ist er perfekt als Kur zum Frühjahrsende bzw. als Frühsommerkur geeignet. Der Shincha regt den Körper an und vertreibt die letzte Frühjahrsmüdigkeit. So ist er als Frühsommer-Kur für 6-8 Wochen seiner Saison (Mitte April bis Juni) zu empfehlen und kann in dieser Zeit am besten täglich als Ersatz des Senchas und zusätzlich zu den anderen Grünteesorten (insbesondere Gyokuro, Bancha und Matcha) getrunken werden. Es sei hinzugefügt, dass Senchas der zweiten und dritten Ernte teilweise über noch mehr Catechine verfügen als dies ein Shincha ohnedies schon besitzt. Und diese spät geernteten Tees können entsprechend für spezielle medizinische Zwecke eingesetzt werden, bei denen es auf viele Gerbstoffe ankommt. Allerdings ist ein Sencha der ersten Ernte und vor allem der Shincha allgemein wesentlich harmonischer und verträglicher für den Körper und somit auch für die allgemeine Vorsorge weitaus besser geeignet.
Zwischenfazit Shincha: Der Shincha ist allgemein der edelste, schmackhafteste, nährstoffreichste und gesündeste aller Senchas. Es lohnt sich, Shincha im Frühsommer für die wenigen Wochen täglich als Kur zu trinken, die er am Markt verfügbar ist. Doch unter welcher Bezeichnung findet man die ersten Shinchas, woran erkennt man gute Qualitäten und wie ist die richtige Zubereitung? Dies wird in den folgenden Absätzen erörtert.
Erntezeit von Shincha: Ende März bis Ende Mai
Die japanische Erntesaison für grünen Tee (Ichibancha Sencha) wird je nach Region und Klima in der Regel zwischen April und Mai eröffnet. Im subtropischen Klima des Südwestens, also auf der Insel Kyushu mit so bekannten Anbauregionen wie Kagoshima und Miyazaki, kann er meist bereits ab Mitte April geerntet werden. Im eher in der Mitte Japans gelegenen und weniger heißen Uji und Shizuoka hingegen, ist es in der Regel erst Anfang bis Mitte Mai soweit. Die Teeernte wandert in Japan also mit dem Frühlingserwachen vom Süden graduierlich nach Norden. Für die Shincha-Ernte versuchen die Teefarmer eine frühestmögliche Ernte zu realisieren. Durch Verwendung seltener, nur im äußerst milden Süden Kagoshimas gedeihender Kultivare gelingt es entsprechend die ersten Shinchas Ende März einzubringen. Der Hauptteil der Shincha-Ernten findet aber ansonsten zwischen Mitte April und bis teilweise Ende Mai statt.
Wettlauf um den ersten Shincha
Der Shincha wird von den Konsumenten und Handelshäusern jedes Jahr sehnlichst erwartet. Die südlichen Teefarmen bemühen sich nach Kräften, den Tee so schnell es geht zu ernten, zu verarbeiten und auszuliefern, um als Erstes auf dem Markt zu sein. Die nördlicheren Regionen versuchen diesem Zeitdruck nachzueifern. Aber wird der Tee zu früh geerntet, fällt die Erntemenge zu gering aus. Etwas zu spät, dann verliert der Tee deutlich an Geschmack. Dafür bleiben nur einige wenige optimale Tage, in denen auch das Wetter noch passend sein muss. Gerade in Shizuoka und Uji regnet es im Mai relativ häufig, was Fluch und Segen zugleich ist. Denn regennass geernteter Tee (jap.: Tsuyu-me) ist nicht mehr zu gebrauchen, während Regen am Vortag der Ernte den Geschmack sogar voller ausprägen, aber auch wiederum das Wachstum übermäßig beschleunigen kann.
Hashiri Shincha: der allererste Shincha der Saison (Ende März)
Etwa 60 km südlich von Kagoshima liegen die subtropischen Pazifikinseln Tanegashima (種子島) und Yakushima. Sie zeichnen sich durch eine unberührte Natur aus (Yakushima ist sogar Welterbe der Unesco) und verfügen über sehr milde Winter (kaum unter 10°C). Durch das besondere Klima gelingt es hier die sehr seltenen und extrem frühen Grüntee-Kultivare Shōju und Kuritawase anzubauen. Sie können, je nach Wetter leicht unterschiedlich, bereits Ende März geerntet werden. Das entspricht etwa 66 Tage nach Beginn des traditionellen Frühlingsbeginns (alter Mondkalender), anstelle der sonst weiter nördlich gefeierten und üblichen 88 Tage. Von diesen beiden Inseln und Kultivaren stammen entsprechend die allerersten Shinchas Kagoshimas und Japans. Sie kommen je nach Wetter etwa Anfang / Mitte April bei uns auf den Markt. Hashiri bedeutet übersetzt Laufen, bzw. der Erste sein, oder etwas anführen (Hashiri Shincha, jap. 走り新茶). Die Kultivare Shōju und Kuritawase sind außerhalb der Shincha-Saison und außerhalb Tanegashimas und Yakushimas kaum bis gar nicht zu bekommen. Vor allem der Shōju bringt aber einen außerordentlich delikaten Geschmack mit besonders viel Aminosäuren, Umami, großer Süße und extremer Frische hervor. Ich freue mich jedes Jahr in besonderer Weise auf dieses einzigartige und nur für kurze Zeit erhältliche Geschmackserlebnis. Aber auch der Kuritawase, der dem am meisten verbreiteten und beliebten Yabukita deutlich mehr ähnelt, bringt einen sehr guten, leicht exotischen Geschmack hervor. Auf dem „Festland“ Kagoshimas (auf der Halbinsel Kyushu) werden dann Mitte April die ersten Festland-Hashiri Shinchas geerntet. Auch sie stammen eher aus dem südlichen Bereich der Präfektur, vorwiegend aus den Regionen um Nishinoomote City (西之表市) und Minamitane Town (南種子町). Hier kommen vor allem auch die frühen und ebenfalls wohlschmeckenden Kultivare Yutakamidori und auch Kondowase zum Einsatz.
Shincha Yutakamidori: Immunkur als Kaltwassertee
Da der Kultivar Yutakamidori besonders viel EGC und besonders wenig EGCG besitzt, handelt es sich um einen idealen Tee, um diesen für eine Stärkung des Immunsystems als Kaltwassertee (Mizudashi) zu trinken. Japanische Forscher haben festgestellt, dass ein besonderes günstiges Catechin-Verhältnis im Teewasser zur Aktivierung des Immunsystems vor allem bei der Kaltwasser-Zubereitung bei 4°C (mit Eiswürfel im Kühlschrank) erzielt werden kann. Mizudashi-Grüntee schmeckt besonders süß und ist äußerst erfrischend. Da sich für die Mizudashi-Anwendung ein tiefgedämpfter Shincha empfiehlt (größere Oberfläche durch kleinere Teenadeln), findet man den Tee auch unter der Bezeichnung Fukamushi Shincha Yutakamidori. Man kann aber auch nach dem Stichwort Mizudashi Shincha Yutakamidori Ausschau halten. Details zum Kaltwasser-Grüntee (Mizudashi).
Ichibanzumi Shincha: der erste Shincha aus Shizuoka (Mitte/Ende April)
Auch in den kühleren Top-Grünteeregionen, wie in Shizuoka und Uji, versuchen die Teefarmer, den Shincha möglichst früh auf den Markt zu bringen. Doch naturgemäß gelingt dies im Vergleich zu Kagoshima erst einige Wochen später. Zudem droht in diesen Regionen im Frühjahr auch Frost, so dass die extrem frühen und kältesensiblen Kultivare, wie Shōju und Kuritawase nicht eingesetzt werden können. Die ersten Shinchas der größten Teepräfektur Shizuoka werden Ichibanzumi Shincha (jap.: 番摘み新茶, ichiban bedeutet „erster“ oder „Nr. 1“ und zumi bzw. tsumi bedeutet „Pflückung“) gerufen und sogar in den dortigen Medien gefeiert.
88 Ya no Shincha: der verehrteste Shincha (Anfang Mai)
Der am Markt traditionell verehrteste Shincha ist der am 88. Tag nach dem traditionellen Frühlingsbeginn Russhin geerntete Tee (je nach Kalenderjahr etwa am 2. Mai). Er trägt den Namen 88 Ya no Shincha (jap.: 八十八夜摘み新茶) oder auch „hachijû-hachiya shincha“ (jap.: 八十八夜新茶), was beides etwa 88. Nacht geernteter Shincha bedeutet. Der 88 Ya no Cha ist sehr rar, verspricht einen ausgezeichneten Geschmack und gilt vor allem als Symbol und Geschenk für eine gute Gesundheit. Diese Tradition gilt allerdings nur für die Region Shizuoka und die umliegenden Regionen mit ähnlichem Klima. Denn nur hier liegt der „hachijû-hachiya“, der das Ende der Frostsaison darstellt, 88 Tage nach Frühlingsbeginn. Alle Details finden sich im Beitrag 88 Ya No Shincha.
Bio-Shincha: wächst langsamer (Anfang/Mitte Mai)
Die Bio-Grüntees werden nur mit organischen Stoffen gedüngt. Nur ganz wenige Bio-Teefarmer haben es geschafft, ihre Pflanzen im Laufe vieler Jahre so zu kräftigen, dass sie ganz auf Dünger verzichten können. Mit dem Bio-Dünger reifen die Teepflanzen allerdings langsamer heran, als dies beim herkömmlichen Anbau der Fall ist. Chemischer Dünger entfaltet seine starke Wirkung teilweise innerhalb von nur etwa einem Monat, während Bio-Dünger viel langsamer über 3-9 Monate wirkt. Aus diesem Grund kann Bio-Shincha in der Regel erst etwa 7-10 Tage nach dem Nicht-Bio-Tee geerntet werden. Zudem warten viele Teefarmer auf freie Slots für die Verarbeitung ihrer Bio-Tees, da die Maschinen aus Zertifizierungsgründen komplett gereinigt sein müssen, bevor sie mit dem Bio-Tee in Berührung kommen dürfen. Die allerersten Shinchas im Markt sind meist die aus dem subtropischen Süden Japans stammenden Nicht-Bio-Tees. Zuletzt treffen die Bio-Shinchas aus den weiter nördlich gelegenen und kälteren Regionen, wie Shizuoka und Uji, ein.
Fazit: welchen Shincha kaufen?
Aus der wunderbaren Welt der Shinchas sind die folgenden Tees besonders zu empfehlen:
Stichwörter für die Produktsuche | Besonderheit | ab Zeitraum (etwa) |
Hashiri Shincha Tanegashima Shoju | 1. Shincha d. Jahres, besonders viele Aminosäuren u. delikat | Anfang / Mitte April |
Fukamushi Shincha Yutakamidori | Immunkur als Kaltwassertee (Mizudashi) | Mitte April |
Ichibanzumi Shincha Kondowase | 1. Shincha aus Shizuoka, besonders delikat | Ende April |
88 Ya No Shincha | Der begehrteste Shincha, Gesundheitssymbol, traditionelles Geschenk für Grünteekenner | Anfang / Mitte Mai |
Bio-Shincha Saemidori Bio-Shincha Yabukita | Werden erst etwas später geerntet bzw. verarbeitet | Anfang / Mitte Mai |
In Summe verschaffen einem diese unterschiedlichen Terroirs und Kultivare nicht nur einen unvergleichlichen Genuss, sondern auch eine Vielzahl unterschiedlicher Nährstoffkombinationen im Frühsommer.
Preise für guten Shincha
Der Shincha ist in Japan so beliebt, wie kein anderer Tee. Die Teefarmer und Händler überbieten sich, als Erster auf dem Markt zu sein und an dem großen Geschäft teilzuhaben. Der aufwändige Anbau, Herstellung und Versand aber vor allem die große Beliebtheit und traditionelle Bedeutung führen dazu, dass die Shincha-Preise deutlich über den Sencha-Preisen guter Qualität liegen. Teefarmer und Händler haben mir in Japan davon berichtet, dass sie mit dieser begrenzten Teemenge in einem so geringen Zeitraum den größten Teil ihres Jahresprofits erzielen. Shincha kann also auch als eine sehr willkommene und notwendige Verkaufsmaßnahme in dem eher durch geringe Profite gekennzeichneten Grünteemarkt betrachtet werden.
Shincha Kauf-Tipp: Außerhalb Japans finden sich nur sehr begrenzte Mengen an Shincha Tee im Markt. Oftmals sind sie noch ein gutes Stück teurer, als dies in Japan üblich ist. In Deutschland werden häufig 15-25€ pro 50g bzw. 30-50€ pro 100g Tee verlangt. Wer günstiger einkaufen möchte, hält nach Online-Shops Ausschau, die Shincha direkt von der Teefarm ohne Zwischenhändler importieren. Denn ohne Zwischenhändler und ohne teure Ladenfläche kann dieser Tee in guter Qualität auch bereits um etwa 20€ für 100g zu finden sein. Super Premium Qualitäten dürften allerdings bei etwa 30€ pro 100g liegen.
Für diesen Preis kann ich den Shincha als Kur zum Frühjahrsende bzw. Frühsommerbeginn sehr empfehlen. Allerdings muss man eben darauf achten, dass der Tee zugleich eine hohe Qualität bietet. Dann ist es gesundheitlich und geschmacklich sehr attraktiv, ihn im April/Mai und Juni anstelle des Sencha durchgängig zu trinken. Ich geniesse jedes Jahr selbst die Wirkung einer solchen Power-Kur.
Shincha Sencha, aber auch Shincha Gyokuro und Matcha
Shincha wurde traditionellerweise nur aus dem Sencha hergestellt. Mittlerweile wird am Markt aber auch teilweise Shincha vom Gyokuro und Matcha angeboten. Im Handel ist er oft nur unter der Bezeichnung Shincha ohne genauen Zusatz anzutreffen. Man sollte sich also informieren, um welche Sorte es sich handelt. In japanischen Qualitäts-Shops findet man aber in der Regel sowieso nur Shinchas vom Sencha. Das Herstellverfahren der Shinchas ist grundsätzlich mit dem Verfahren von Sencha, Gyokuro und Matcha identisch, es werden für guten Shincha jedoch nur besonders zarte und junge Triebe und Blätter verwendet. Ausserdem wird sehr darauf geachtet, dass eine größtmögliche Feuchtigkeit der Blätter erhalten bleibt, um ihm besonders viel Frische zu verleihen. Deshalb wird eine etwas geringere Trocknung als bei den herkömmlichen Grüntees in der Verarbeitung durchgeführt. Die nur in geringster Menge zu findenden Shinchas vom Gyokuro und vom Matcha sind weniger bzw. gar nicht zu empfehlen, da diese Sorten dafür bekannt sind, mit der Zeit nachzureifen und erst etwa 6 Monate nach der Ernte ihren besten Geschmack und die beste gesundheitliche Harmonie entfalten. Beim Sencha hingegen geht es mehr um die Frische als bei anderen Sorten. Ich empfehle daher für den Shincha-Genuss und für eine Shincha-Kur ausschließlich den Shincha, der aus Sencha gewonnen wird.
Zubereitung von Shincha
Shincha wird traditionell in gleicher Weise zubereitet, wie die Teesorten seiner Abstammung, also Sencha, Gyokuro, Kabusecha und Matcha. Dabei geniessen in manche Kenner sogar mit leicht höherer Temperatur als Sencha, um den intensiven Geschmack stärker hervorzubringen. Für den Shincha vom Sencha empfehlen sich aus gesundheitlicher Sicht die üblichen:
- 2 gut gehäufte Teelöffel auf 0,2-0,3l Wasser,
- je nach Teequalität 50-60°C Ziehtemperatur (Top Qualität kann mit 50°C auskommen),
- 2 Minuten Ziehzeit.
Hier kommt auch der Geschmack am harmonischsten zur Geltung. Der nährstoffreiche Shincha besitzt wie kein anderer Grüntee das Potential für mehrere Aufgüsse. Diese können besonders viele geschmackliche Facetten hervorbringen. Teekenner „spielen“ mit den unterschiedlichen Möglichkeiten und wählen Ziehzeiten von 10 bis etwa 60 Sekunden pro Aufguss. Insgesamt empfehle ich – die gesamte Ziehzeit in der Summe aller Aufgüsse – nicht über 2-2,5 Minuten hinaus zu dehnen. Für allgemeine Tipps zur Zubereitung von grünem Tee siehe den Beitrag Grüner Tee Zubereitung.
Spezielle Zubereitung für mehr Vitalität
Wer aber eine Frühsommerkur mit Shincha als Wachmacher und Leistungsförderer nutzen möchte, der kann ihn auch mit 70°C und 3 gut gehäuften Teelöffeln auf eine Ziehzeit von nur 90 Sekunden zubereiten. Ich verwende diese Methode manchmal sehr gerne um den Körper schneller aus der letzten Frühjahrsmüdigkeit heraus zu aktivieren und den Übergang in den Frühsommer besser zu bewerkstelligen. Diese Methode wird auch den erfrischend kräftigen und vollen Geschmack des Tees stärker betonen. In Japan trinkt man Shincha aus diesem Grund durchaus auch etwas heißer als normaler Sencha. In Summe schmeckt mir die 2 Minuten-Methode in einem Aufguss bei 50-60°C aber am besten. Sollte es sich um einen tiefgedämpften Shincha (Fukamushi) handeln, ist die heißere Methode weniger zu empfehlen, da dieser Tee aufgrund seiner vielen kleinen Blattteile sich sowieso wesentlich vollmundiger entfaltet, als normalgedämpfter Tee. Es sei aber angemerkt, dass ein Fukamushi-Shincha aus gesundheitlicher Sicht weniger zu empfehlen ist. Die große Stärke des Shincha ist ja gerade seine Frische und die wird beim Fukamushi durch die lange Dämpfung deutlich reduziert.
Frische und Haltbarkeit von Shincha
Früher galt der Grundsatz, dass Shincha wegen seines höheren Feuchtigkeitsgehalts und seiner großen Frische nur für wenige Wochen und Monate nach der Ernte verzehrt werden kann. Dies trifft heute aber wegen der modernen Kühllager und -ketten und der guten Lagerung weniger deutlich zu. Bei den meisten Händlern ist er aufgrund seiner begrenzten Menge aber trotzdem nur wenige Wochen oder Monate im Jahr zu kaufen und hält seinen großen Frischevorteil etwa bis zum Spätsommer. Beim frischen Shincha Sencha handelt es sich um etwas Besonderes. Ich empfehle ihn entsprechend aktuell und als Frühsommer-Kur zu trinken, einmal im Jahr für einige Wochen oder wenige Monate täglich als zusätzliche Abwechslung zu den gewohnten Sorten.
Quellen:
- 1 Yoshida, Yuko; Kiso, Masaaki: „Alterations in Chemical Constituents of Tea Shoot During Its Development“, Chagyo Kenkyu Hokoku (Tea Research Journal), Vol. 1996 (1996), No. 83, 1996, S. 9-16.
- 2 Tsushida, Tojiro; Murai, Toshinobu; Omori, Masashi; Okamoto, Jyunko: „Production of a New Type Tea containing a High Level of γ-Aminobutryic Acid“, Nippon Nogeikagaku Kaishi, Vol. 61, No. 7, 1987, S. 817-822.