Wassertemperatur bei der Zubereitung von Grüntee
Die Temperatur des Aufgusses von grünem Tee ist neben der Ziehzeit einer der wichtigsten Faktoren bei der Zubereitung, die den Geschmack, das Aroma und die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe und damit der Wirkung bestimmen. Grundsätzlich findet man häufig in der Literatur, dass für unterschiedliche Sorten von Grüntee eine jeweils optimale Temperatur existiert. Dies liegt vor allem daran, dass sich bei bestimmten Temperaturen bestimmte Inhaltsstoffe in das Wasser lösen. So lösen sich die wichtigen Catechine bei höheren Temperaturen stärker und treten ab etwa 80 Grad Celsius in den Vordergrund. Die Catechine geben einen bitteren Geschmack. Die Aromastoffe hingegen, vor allem die Aminosäuren entfalten sich am besten bei etwa 50 Grad Celsius.
Ziehtemperatur und Geschmack
Aus geschmacklicher Sicht wird nun von vielen Autoren empfohlen, die Temperatur abhängig vom gewünschten Ergebnis und der Teesorte zu wählen. Das heisst beim Sencha beispielsweise zwischen 60 und 80 Grad Celsius, je nach Vorliebe zur Bitterkeit. Beim Gyokuro hingegen werden ehe niedrigere Temperaturen geraten, etwa 50-60 Grad Celsius, um die Aromastoffe – vor allem das Theanin – zur Geltung zu bringen. Beim Hojicha, Bancha und Genmaicha werden bis zu 100 Grad Celsius genannt.
Temperatur und Wirkung
Ich persönlich orientiere mich bei der Zubereitung des grünen Tees jedoch vorrangig nach dessen gesundheitlicher Wirkung. Natürlich spielt dabei auch der Geschmack eine wichtige, aber eben sekundäre Rolle. Interessanterweise empfinde ich mittlerweile die optimale Zubereitung aus gesundheitlicher Sicht nun auch in geschmacklicher Sicht als optimal.
Wie bereits beschrieben lösen sich je nach Temperatur des Aufgusses die zahlreichen Wirkstoffe mehr oder weniger ins Wasser. Zum anderen nehmen viele der Stoffe ab einer höheren Temperatur Schaden (insbesondere Vitamine, ätherische Öle und Aminosäuren). Und desweiteren ist es so, dass die Dominanz der Gerbstoffe bei höheren Temperaturen die Kombinationswirkung der anderen Inhaltsstoffe deutlich reduziert. Im Grunde geht es also um das Auffinden eines optimalen Punktes, als besten „Kompromiß“, um die beste Kombinationswirkung für die generelle gesundheitliche Wirkung zu erhalten. Dafür gibt es folgende Daumenregel.
Daumenregel für die Ziehtemperatur von Grüntee
Zweifelsohne kann man für jede Grünteesorte, für jeden Teegarten und für jeden Jahrgang eine jeweils optimale Temperatur für die Zubereitung finden. aber mit folgender Daumenregel, die man sich leicht merken kann, kommt man dem Optimum recht nahe:
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Höhere Wassertemperatur bei Erkältung und spezifische Anwendungen
Erhöht man die Ziehtemperatur und übergiesst den Tee mit kochendem Wasser so werden zwar Vitamine und Aminosäuren weitgehend reduziert, aber dafür deutlich mehr Poyphenole in wesentlich größerer Intensität ins Wasser gelöst. Der Tee wird dadurch geschmacklich sehr bitter und fast scharf, erhält aber eine leichte bis mittlere antibakterielle und antivirale Wirkung. Dies kann man sich vor allem bei ersten Anzeichen einer Erkältung, Schnupfen, Grippe, Halsschmerzen zu Nutze machen. In solche einem Fall trinke ich immer maximal 2 x 0,5 l mit 100 Grad Ziehtemperatur zubereitetem Sencha (bei 2 Minuten Ziehzeit) – siehe dazu auch den authentischen Erfahrungsbericht Grippe. Ausserdem sollte man zusätzlich viel frisches Wasser trinken, mindestens einen weiteren Liter. Da der so zubereitete Tee durchaus auch eine Belastung für den Organismus darstellt, sollte man eher weniger als mehr davon trinken. Schafft man es mit 0,5 l 100 Grad Celsius Grüntee „über den Berg“ zu kommen, so wäre das die erste Wahl.
Ähnliches gilt für andere spezifische Anwendungen, die eine besondere Zusammensetzung der Inhaltsstoffe im Teewasser erfordern. Eine Auflistung findet sich im Beitrag Zubereitung von Grüntee bei Krankheit und zur Vorbeugung.
Wasserkocher mit Temperaturwahl
Für die Zubereitung von grünen Tee verwendet man am besten einen Wasserkocher, der eine elektronische Temperaturwahl besitzt und auch tatsächlich diese Temperatur in der Praxis trifft und zudem keine Belastungen aus Kunststoffen an das Wasser abgibt. Wer keinen neuen Kocher kaufen möchte, kann sich auch mit einem handelsüblichen Tee-Thermometer behelfen, dies ist jedoch etwas mühseliger und zeitintensiv. Moderne elektronische Thermometer messen die Temperatur punktgenau und schnell und besitzen den Vorteil, dass man den Verlauf der Aufgusstemperatur beobachten kann. Moderne analoge Thermometer besitzen Quecksilber-freie Messstoffe.